Tschüß Albrecht - der Platzchef geht in den Ruhestand

Albrecht Ziegler,  der „General“ vom Grünschnittplatz geht mit 74 und nach 16 Dienstjahren in den Unruhestand.  

Von Walter Holtfoth, Text & Bilder 

Erstveröffentlichung Badische Zeitung ( 03.11.20)

 

Das Wetter passt an diesem Samstag in Friesenheim. Albrecht Ziegler kommt aus seiner Personalhütte und weist auch den Zeitungsmann ein. Es ist 10:30 und der rüstige Platzwart gibt mit Blick auf seine Uhr zu verstehen, dass es jeden Moment richtig los gehen wird.

 

Kaiserwetter zum letzten Arbeitstag

 

Ziegler erklärt, dass die ganze Region bei diesem Kaiserwetter im Herbst am „Gärtle“ ist und in diesen Tagen ja auch viel Laub anfällt. Es sind nicht nur ausschließlich Friesenheimer Einwohner, nein sie kommen von überall her. Die Annahmestelle wird vom Kreis betrieben, die Bürger bezahlen den Service mit ihren Müllgebühren.

 

Ziegler kommt ins Schwärmen über seinen Job, den er, wie er sagt, immer gerne und mit viel Leidenschaft gemacht hat. Ein Gespann aus PKW und Hänger fährt auf den Hof, gefolgt von zwei weiteren Fahrzeugen. „jetzt geht´s ruck zuck.“ Tatsächlich, bald bildet sich eine kleine Schlange vor dem Gelände. Albrecht Ziegler ist ein gemütlicher Zeitgenosse, stets mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht. Geduldig schaut er dem Fahrer mittleren Alters zu wie sieser vergeblich versucht, sein Gespann rückwärts vor den großen Haufen aus Ästen und Blätterwald zu rangieren. „Nach rechts einschlagen, nach rechts,“ Ziegler eilt zur Hilfe und nach kurzem hin und her steht alles wie eine eins, weitere Anlieferer haben ausreichend Platz, sich, mit Abstand daneben zu stellen.

 

Beleidigungen im Lockdown haben ihn sehr betroffen 

 

Ziegler erzählt, dass es zu Beginn der Pandemie nicht einfach war. In der Lockdown Zeit im April haben es viele Zeitgenossen nicht verstanden, dass nur ein Fahrzeug eingelassen werden konnte. „Wir mussten uns alle Schande sagen lassen.“ Ein Umstand der den freundlichen Mann sehr getroffen hat. Mit Willi Ehret kommt ein Schwergewicht der Friesenheimer und Oberschopfheimer Kommunalpolitik auf den Hof. Die Begrüßung ist herzlich und hemdsärmelig. Ehret ist erstaunt, dass er Ziegler bei seinem letzten Einsatz begleitet. „Mensch, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich eine Flasche Wein mitgebracht.“ Es entwickelt sich ein zauberhafter Dialog zwischen zwei Menschen, die sich lange kennen müssen. Er habe zuhause soviel Wein dass er Ehret eine Flasche überreichen könne. Ziegler bekannte, dass ihm ein „Bierle“ besser gekommen wäre. Ehret fährt vom Hof, um kurz darauf wieder im selben zu stehen. „Ich hab vergessen zu fragen, Pils oder Export?“ So ist das Miteinander auf der Annahmestelle in Friesenheim.

 

Willi Ehret: "Pils oder Export ?" 

 

Der Eindruck täuscht nicht, dass Ziegler auch bei seinem Publikum sehr beliebt ist. Eine Dame gibt ein Geschenk ab, große Freude in allen Gesichtern. In einer kurzen Verschnaufpause erzählt er seine Geschichte, wie er vor 16 Jahren zu seiner Arbeit kam. Er will damals im Jahr 2002 noch schnell testen ob bei seinem Schlepper die Seilwinde noch funktioniert, war für eine Sekunde in Gedanken bei seiner Familie und schon war es passiert, er quetschte sich seinen rechten Arm in der Seilwinde, dass lange nicht sicher war, ob er ihn verlieren würde. Die Ärzte gaben ihr bestes und für Ziegler war nach knapp einem Jahr Zwangspause unter Schmerzen und einer Wiedereingliederungsphase der Moment gekommen, das Angebot der Friesenheimer Stelle anzunehmen. „Ich bereue keine Sekunde.“ Jetzt sei der Moment gekommen los zu lassen, aus der Natur wird es ihn allerdings nicht treiben. Albrecht Ziegler ist einer der letzten anerkannten Baumwärter und stets zur Stelle, wenn es darum geht, Streuobstwiesen zu gestalten und zu pflegen.

 

Ein letztes Winken aus dem Fenster: " Tschüß Albrecht" 

 

„Tschüß Albrecht,“ diese Ansprache zum Abschied ist an diesem Samstag von vielen Kunden zu hören. Ein letztes Winken aus dem fahrenden Auto und ein irgendwie in sich ruhender Platzwart beim erwidern ohne Wehmut. Dieser Mann freut sich auf die Zeit, die jetzt auf ihn zu kommt. „Ich habe noch ein paar Baustellen und das ist gut so.“