Mit Schreckschüssen gegen Tauben und Krähen

Vorbeugen statt Vergrämen  

Text: Walter Holtfoth - Bildquelle: Günther Reger/Süddeutsche Zeitung

 

Die Rede ist von Tauben, Krähen und anderen Vögeln.  Angeblich richtet das Federvieh großen Schaden bei den Mais und Soja Kulturen an. 

 

Laut Auskunft des Landratsamtes geht es um die "Vergrämung" des Federviehs mittels dem Einsatz von Schreckschuss Waffen.

 

Ein Umstand der viele Bürger Friesenheims bereits vor Tagen irritierte. 

 

 

So war Bürgermeister Stellvertreterin Charlotte Schubnell nicht wirklich ob der Schüsse in den frühen Morgenstunden am letzten Wochenende amüsiert und informierte Förster und Polizei. "Die Informationen über die Aktion waren so gut wie nicht Vorhanden," so Schubnell im Gespräch mit www.friesenheimaktuell.de  "Die Maßnahme halte ich nicht für angemessen," führt sie weiter aus, "ich weiß nicht welchen Schaden Tauben oder Krähen an 30 cm hohen Mais Pflanzen anrichten können." 

 

Sehr ausführlich geht auch der Vorsitzende des Lahrer Tierschutzvereines in seiner Stellungnahme ein die er gegenüber Freisenheim Aktuell abgab und wir hier gerne wörtlich wiedergeben: 

 

" Stellungnahme Vergrämung Martin Spirgatis, Vorstand Tierschutzverein Lahr und Umgebung e.V., Mitglied erweiterter Vorstand des Landestierschutzverband Baden-Württemberg e.V.

 

Als Tierschützer sehen wir solche Vergrämungsmaßnahmen natürlich mit sehr kritischen Augen. Wir können das berechtigte Interesse nachvollziehen, dass die Landwirte die Früchte ihrer Arbeit und somit ihre Erträge sichern wollen. Und es ist uns auch lieber, wenn mit nicht lethalen Methoden vorgegangen wird, anstatt mit Flinte oder Gift reinzuhalten.

 

Vergrämung trifft die ganze Tierwelt

 

Das Problem ist allerdings, dass die Vergrämung nicht selektiv ist, sondern die gesamte Tierwelt betrifft. Und dies genau in einer Hochphase der Brut- und Setzzeit, in der alle möglichen Wildtiere Nachwuchs haben. Insbesondere Bodenbrüter wie der Kiebitz, der gerne in Maisfeldern sein Nest anlegt, sind durch solche Maßnahmen massiv gefährdet. Aber auch Rehe oder Kaninchen reagieren auf die Schreckschüsse.

 

Krähen durchschauen das Theater

 

Das fatale ist, dass ausgerechnet die Krähen gegen die sich die Maßnahme eigentlich wenden soll, bekanntermaßen ziemlich schlau sind und das Theater früher oder später durchschauen. Was dazu führt, dass diese Tiere schnell wieder da sind, während die anderen Wildtiere flüchten. Wie hoch der Schaden beim Nachwuchs der Wildtiere ist, ist nicht bekannt. Ansonsten würden diese Methoden vermutlich schnell verboten. Es gibt einen sehr schönen Leitsatz aus der schweizer Vogelschutzpraxis. Darin heißt es bei „Rabenvögel in landwirtschaftlichen Kulturen“ (K. Bollmann 1998) sehr treffend „Vertreiben ist schwierig, vorbeugen ist besser“.

 

Gedanken zur Vorbeugung

 

Darin werden auch klare Handlungsempfehlungen gegeben, wie Felder zu bearbeiten sind, damit sie erst gar nicht oder zu wesentlich geringerem Maße zum Ziel von Tauben oder Saatkrähen werden. Das ganze wurde 2003 auch nochmals vom Land Rheinland-Pfalz in einem „Gutachten zur Abwehr von Vögeln in der Landwirtschaft“ aufgegriffen. Einfache Bodenbearbeitungsmaßnahmen oder simple Vogelscheuchen helfen bereits zwischen Aussaat und Keimung. Kritisch für die Felder ist der Zeitraum der Aussaat bis die Pflanzen eine Höhe von 10 cm und mehr erreicht haben. Wenn ich aktuell in die Felder schaue, dann haben wir diesen Punkt aber bereits deutlich überschritten.

 

Wer kennt noch simple Vogelscheuchen ?

 

Doch nicht nur die Sorge um die Wildtiere treibt mich persönlich gerade um. Auch Haustiere wie Katzen oder Hunde sind durch diese Maßnahmen bedroht. Rechnet der Haustierhalter an den Tagen um Silvester noch mit solchem Knallen und kann entsprechende Vorkehrungen treffen, so kommt nun eine Vergrämung mit Schüssen für die meisten überraschend. Wir haben im Tierheim immer wieder Hunde oder auch Katzen, die durch solche Ballerei entlaufen sind.

 

Sorgen um "Fritzi" - Vermisst in Oberschopfheim !

 

Sehr viel Sorge mache ich mir da aktuell insbesondere um den Hund „Fritzi“, der in Oberschopfheim unweit des genannten Bereichs vor einigen Wochen den Haltern entlaufen ist und seither immer mal wieder gesehen wird. Wie er auf solch eine Ballerei reagiert, will ich mir nicht ausmalen. Womöglich flieht er in Panik in ein anderes Gebiet und es verliert sich seine Spur oder er verunfallt. Für ihn ist diese Vergrämung furchtbar.

 

Verständnis ja, aber die Aktion kommt zur absoluten Unzeit Wie eingangs erwähnt, verstehe ich das Anliegen der Landwirte voll und ganz. Für Tierschützer kommt diese Vergrämung aber zu einer absoluten Unzeit. Ihr Erfolg ist wie beschrieben zweifelhaft und der Schaden für die Tierwelt nicht absehbar."

 

Zu weiteren Vergrämungsversuchen kommt es am Samstagmorgen, 6. Juni, zwischen 5 Uhr und 10 Uhr. Die Bevölkerung wird um Verständnis gebeten.