Walters Kolume am Samstag: Erwischt (Berufsrisiko)
Ich habe neulich meine Kolumnen aus Anzeiger Zeiten mal wieder nachgelesen. Und spontan den Entschluss gefasst, einmal die Woche, Samstag sinnvolles oder sinnfreies hier zu veröffentlichen. Viel Spaß beim Lesen :-)
Jetzt hat es ihn also auch erwischt.
Von Walter Holtfoth Text Foto Symbolbild: W. Broemme / pixelio.de
Ich kenne den Kerl jetzt mein ganzes Leben lang. Und dieses miteinander war nicht immer von Eitel, Freud und Sonnenschein gekrönt. Auch sonst sind wir sehr unterschiedliche Wege durch unser Leben gegangen, wenngleich wirklich schwere und wichtige Schläge uns dann doch irgendwie begleitet und hier und da wieder verbunden haben.
Der Rocker - schnell mussten sie sein
Ich will nicht drauf eingehen, was wer von uns mit den Jahren erreicht hat, nein das soll unser Geheimnis bleiben. Er ist in seiner Jugend eher der Rocker, das Moped konnte nicht schnell genug fahren und eine 1.000er BMW sollte es im frühen, gesetzten Alter dann mindestens sein.
Ich dagegen bin mit meiner Kreidler Florett mit Schwung und freihändig auf ein stehendes Auto gekracht, weil ich mich, wie so oft damals, eher unkonzentriert auf der Straße bewegte, ganz Easy Rider mäßig. Nun ja bis zu dem Moment als ich erfuhr was für Schmerzen so ein zerdonnertes Schienbein mit sich brachte.
Tja, ich könnte wirklich viel preisgeben hier, möchte mich aber auf das wirklich notwendige festlegen. Während ich meinen Wehrdienst natürlich unbedingt verweigern wollte, hatte er sich in den Kopf gesetzt, anders zu dienen und hat nach dem Jugendrotkreuz und einer vernünftigen Schlosserlehre seinen Dienst angetreten.
Blaulicht, ein ganzes Leben Lang
Einen Job von dem jeder Junge irgendwann mal träumt. Irgendwas mit Blaulicht sollte das immer sein: Feuerwehr, Polizei oder eben wie in seinem Fall der Rettungsdienst beim DRK. Es sind gut und gerne über vierzig Jahre nun, in denen er seinen Dienst am Nächsten leistet. „Leben retten,“ seine Antwort auf meine Frage die ich ihm immer mal wieder stelle, was ihn denn so antreibt. „Leben retten.“ Einfach und gerade aus, auch wenn er sich sein eigenes Kreuz mit den Jahren mehr und mehr kaputt gemacht hat, sitzt er immer noch auf dem „Bock“ und ist oft zu sehen wenn es mit Sondersignal und lautem Gehupe durch Friesenheim geht.
Er weiß nicht, wie viele Menschenleben er gerettet hat, er hat sie nicht gezählt.
„Mit Kindern,“ sagt er mir einmal, „mit Kindern ist das Schlimmste.“ Zu spät zu kommen, egal bei welchem Einsatz und nichts mehr tun zu können, ist stets sein Alptraum. Seit Beginn der Pandemie in diesem Frühjahr warnt er unentwegt, auch mich. „Das ist keine Grippe!“ Seine Mahnung ist ernst. Er darf nicht aus dem Nähkästchen plaudern, auch mir gegenüber nicht. Aber es sei einfach schlimm, jemanden im eigenen Fahrzeug zu verlieren, nur weil er zu spät erkannt hat, dass das Krankenhaus der bessere Ort ist.
Das ist keine Grippe !
Und nun heute Morgen eine simple Whats App Nachricht. „Es hat mich erwischt, Husten, Halsweh, Fieber, positiv getestet.“ Ich frag mich kurz: „Wie?“ Ausgerechnet er, der auf jeden Fall sorgfältig und vorsichtig in diesen Tagen seinen Dienst gemacht hat?
Ich würde mich viel lieber mit ihm, wie in unseren Anfängen, um den Plattenspieler streiten und vor allem darum welche Musik unser Kinderzimmer dominieren darf. Heute bleibt mir nicht mehr übrig, als ihm gute Besserung zu wünschen und natürlich, dass er um einen Krankenhausaufenthalt irgendwie drumrum kommt.
Allen mit Symptomen da draußen wünsche ich von Herzen einen milden Verlauf!