Tempo 30 hat Friesenheim verändert

Tempo 30 hat die Gemeinde Friesenheim verändert

von Walter Holtfoth / Text & Bild Erstveröffentlichung Badische Zeitung v. heute.

 

An das Limit von 30 Stundenkilometern auf den

Hauptverkehrswegen in Friesenheim haben sich auch die Gegner gewöhnt.

 

Andere wünschen mehr Geschwindigkeitsbeschränkungen.

 

 

 

Fast zwei Jahre ist es her, dass mit dem Umsetzen des Verkehrskonzepts begonnen wurde. Schwerpunkt im August 2019 war die Einführung von Tempo 30 auf den innerörtlichen Hauptverkehrswegen. Die BZ hat bei der Verwaltung nachgefragt, ob sich das bislang bewährt hat. Anwohner anderer Straße warten indessen noch immer auf eine Entlastung vom Lärm und fordern Blitzer.

 

Es herrschte eine zwiegespaltene Stimmung im Ort

 

Die Maßnahmen auf den Kreisstraßen und der B 3 wurden zum Lärmschutz und zur Unfallverhütung eingerichtet. Charlotte Schubnell, stellvertretende Bürgermeisterin, berichtet von einer zwiegespaltenen Stimmung, die damals herrschte: "Das ging von wütender Ablehnung bis hin zu hoffnungsfroher Begeisterung." Zwar werde immer noch diskutiert und es gebe noch zwei Lager, doch inzwischen könnten alle auch die positiven Dinge sehen: "Das Gewöhnen an das langsamere Geschehen, das Nachlassen des Verkehrslärms, das sicherere Überqueren der Straßen als Radfahrer und Fußgänger oder gefahrloser aus einer Seitenstraße herausfahren zu können", listet Schubnell die mittlerweile wahrgenommenen Vorteile auf.

 

Anwohner ist von Behörden enttäuscht

 

Eine andere Sichtweise gilt für die Bahnhofstraße, wo noch 50 Stundenkilometer gefahren werden darf. Ein entschiedener Wortführer für eine Reduzierung dort ist Reinhard Erb, der betroffen ist und sich von den Behörden enttäuscht fühlt. Lärm und Gestank, insbesondere durch die vielen Lastwagen vor seiner Haustür, machten ihn wütend und verständnislos zugleich, sagt er. "Es wird wohl noch Jahre dauern, bis das Landratsamt eine neue Prüfung vornehmen wird. Bis dahin wird halt in dieser ausgewählten Straße jegliche Geschwindigkeit ausgetestet, ohne Kontrolle und Blitzer."

 

Erb berichtet von regelrechten Kavalierstarts der Fahrer, sobald die Ampel auf Grün schalte. "Vor zwei Wochen, an einem Sonntag, konnte man den ganzen Tag miterleben, was manche Karre oder Motorrad beim Ampelstart so drauf hat."

 

Beim 50er-Schild wird Gas gegeben

 

Ähnliches gelte auch in Richtung Heiligenzell: Sobald die Geschwindigkeit von 30 auf 50 Stundenkilometer wechselt, gebe es für viele kein Halten mehr, beklagt Güngür Sahir, vor dessen Haus in der Heiligenzeller Straße das Tempo-50-Schild steht. "Es wird vor allem nachts und am frühen Morgen einfach durchgerast." Sahin würde der Gemeinde gern ein Stück seines Grundstücks anbieten, um eine Blitzsäule zu installieren.

 

Das Thema Blitzsäule besteht auch am Ortseingang B 3/Kronenstraße: "Wenn da keine Blitzer stehen, ändert sich nicht wirklich etwas", sagt Matthias Geiger zur Situation vor seinem Fitnessstudio.

 

In der Gemeinde gibt es noch unterschiedliche erlaubte Geschwindigkeiten von 30, 40 und 50 Stundenkilometern. "Doch hier konnte weitgehend harmonisiert werden", sagt Bürgermeister Erik Weide. Im Allgemeinen sei die Verwaltung mit der Fahrdisziplin der Einwohner zufrieden. Geschwindigkeitskontrollen seien jedoch weiterhin erforderlich, so Weide. Ziel sei es, den Gemeinderatsbeschluss nach Absprache mit allen Gremien umzusetzen und überall in Friesenheim Tempo 30 zu installieren.

 

In der Bahnhofstraße wird sich vorerst nichts ändern

 

Für die Anwohner der Bahnhofstraße äußert Erik Weide Verständnis. Eine Umwandlung dort werde wohl dauern, da die Rechtslage und die Einschätzung der Experten das derzeit nicht hergäben, die festgestellt hätten, dass es dort keine Unfälle gebe, aber einen breiten Gehweg und eine Seite mit Tempo 30, auf die Fußgänger und Radfahrer ausweichen könnten. Zudem gebe es zu wenige Betroffene, bei denen die Lärmgrenzwerte überschritten sind. Weide weiter: "Die genannten Fakten werden aber von vielen Anwohnern nicht akzeptiert. Das verstehe ich auch, ist aber trotzdem falsch." Seine Schätzung: "Es könnte sein, dass wir bis in zwei, drei Jahren etwas ändern können", sein Wunsch: "Vielleicht schaffen wir das auch schneller."

 

 

Dass die Geschwindigkeitskontrollen sinnvoll sind, belegen Zahlen. Die meisten Überschreitungen liegen im Bereich bis maximal zehn Stundenkilometer. Spitzenreiter war bei einer Messung in der Ortsdurchfahrt ein Raser, der mit 75 Stundenkilometer in der 30er-Zone fuhr.