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Opa Ernscht - lang vor dem Sportclub

Opa Ernscht - Meine erste Begegnung mit dem Journalismus

von Walter Holtfoth Text & Bild 

Eine Erinnerung 

 

Ich frage mich immer mal wieder wie es kommt, dass ich plötzlich Bilder vor meinen Augen habe, Bilder, die wie in diesem Jahr mit Ereignissen zu tun hatten, die 57 Jahre zurück liegen.

 

In jener Zeit wuchs ich bei meiner Großmutter in meiner Heimatstadt Freiburg auf. Es war kein Zuckerschlecken, weder für mich noch für meine Großmutter, aus vielerlei Gründen. Erlebtes von damals würden für sich ein kleines Taschenbuch füllen, nur die Inhalte würden sicher niemanden interessieren.

 

Freiburger Kindheitsgeschichten

 

Falls doch, vielleicht erzähl ich Euch dann mal von meiner Ohrfeige im Freiburger Münsterturm, weil ich es gewagt habe ohne Geld  oben aus dem Aufzug zu steigen. Aber nicht heute, heute geht es um Opa Ernscht. Meine Oma hatte Freunde in Haslach und es war für mich immer so etwas wie eine kleine Weltreise, wenn wir von Littenweiler mit der Straßenbahn los gefahren sind. Damit wir nicht hungrig beim den Freunden ankamen gab es am Bertholdsbrunnen in der Kajo einen Stopp. Ziel war der Munder, Objekt Würschtle und Kartoffelsalat. Soweit, so gut. Meine Großmutter muss damals so ende sechzig gewesen sein. Sie wirkte auf mich irgendwie immer älter als die sechzigjährigen heute. Aber kein Wunder, sie war Jahrgang 1890 und hatte zwei Kriege mit- und überlebt. Narben die dieses Geschehen wiedergaben waren in der Freiburger Innenstadt der 60er Jahre als Bombentrichter und Trümmerhaufen immer noch zu sehen. 

 

Die Ohrfeige auf dem Freiburger Münsterturm

 

Nach einer Reise von gut einer Stunde kamen wir dann pünktlich in Haslach ( Freiburg - Haslach ) bei den Dischingers an. Pünktlich, denn es gab kurz darauf Kaffee und Kuchen. Mich Zappelphilipp hielt es damals nicht wirklich auf den rustikalen Möbeln, es zog mich auf Balkon und Terrasse, den Katzen hinterher jagen. Als es meiner Großmutter zu bunt wurde, kam die Allzeit Walter setz dich hin Masche zum Einsatz. Sie hatte nicht tief in ihrer großen Handtasche wühlen müssen. Dieses Werkzeug lag stets oben postiert.

 

Ich habe sie gehasst:  Bundstifte, schnell fand sich ein Stapel einseitig beschriebenes Papier und dann hieß es: Mal mal was. 

Man muss wissen dass ich in der neunten Klasse im Kunstunterricht eine glatte unbefriedigend im Zeugnis stehen hatte. 

Auch diese Tatsache wäre wieder ein kleines Büchlein wert, denn wir hatten andere Dinge im Kopf als Rembrandt, Picasso oder Cezanne. Die durchsichte Bluse unserer Kunstlehrerin interessierte uns Jungs weit mehr. 

 

Die durchsichtige Bluse meiner Kunstlehrerin und meine Sechs in ihrem Unterricht

 

Aber zurück zu den Buntstiften, und die Szene in Freiburg Haslach, wo ich auf einen wichtigen, erlösenden Moment wartete. Es war der Moment als sich Opa Ernst seine Burger Stumpen aus der Schublade holte und mich mit den Worten "Komm Mit Bub" einlud, Ihm ins Arbeitszimmer zu folgen. Sonntag war es, gefühlt 17 - 18 Uhr. Genüsslich zündete er immer seine Stumpen an nahm zwei drei feste Züge und ich gebe zu, der Duft hatte schon was.  Dann musste ich mich auf einen Stuhl setzen und muxmäusle Still sein. Eine Folter die ich mühelos über mich ergehen ließ, eine Situation die mich faszinierte. 

 

Der Ernscht und seine Burger Stumpen

 

Ein Stapel Papier, eine schwere Schreibmaschine Triumph Adler und ein Telefon groß und schwarz, mit einer Gabel für den Hörer und Wählscheibe. Noch ein Zug dann geht die Zigarre in den Aschenbecher um weiter vor sich hin zu qualmen. Er nahm den Hörer in die Hand und wählte eine Nummer, zu mir gerichtet legte er seinen Zeigefinger auf die Lippen und machte "Pssschhht"  "Ja Dischinger, Badische Zeitung, wie wars heut bei Oberbergen gegen Oberrottweil? und wi hänn si gschpielt ? Dankschön." Dann hackt er alles in die Tastatur. Der nächste Anruf der das Ergebnis von Sasbach und Jechtingen ermittlen sollte und so weiter. Nach der ersten Stunde telefonieren gönnte er sich eine Pause. Um dann, nachdem der Kaiserstuhl durch war, im Elztal zu recherchieren ob nun Ober- oder Niederwinden gewonnen habe. Ihr könnt mir glauben, dass ich begeistert daneben saß und heute noch fasziniert an meine ersten Begegnungen mit waschechtem Sportjournalismus auf sehr lokaler Ebene denken muss.

 

Nieder- oder Oberwinden / Jechtingen oder Sasbach ? 

 

Ich musste gestern Abend spontan an den Ernst Dischinger denken, gestern als der Sportclub seinen Traum nicht erfüllen konnte. 

Wie war das doch damals einfach, Fußball hatte gleichermaßen was romantisches wie Lokaljournalismus. Auch der FFC konnte damals seine Aufstiegspläne nicht verwirklichen gegen Alsenborn. Ich durfte vor diesem Spiel mit vielen anderen Kindern das Maskottchen des FFC, einen Geißbock durch das Mooswaldstadion führen. 

 

Kinder, wie die Zeit vergeht und alles habe ich irgendwie dem "Opa" Ernscht , Ernst Dischinger zu verdanken. 

 

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Ich Sage es gerne mit Pippo Pollina "Passa il Tempo"